Über Tod und Leben

Da steht man mitten im Leben, hat alles erreicht und plötzlich, für alle unerwartet, verlässt man die für uns ersichtliche Welt. Manche haben nicht mal die Chance, das Licht der Welt zu erleben, da sie kurz nach Ankunft auch schon wieder gehen. Es ist schwere und doch leichte Kost, über den Tod zu sprechen. An Tagen wie heute, Allerheiligen, wird uns klar und deutlich gezeigt, dass das Leben auch den Tod mit sich bringt. Ungern befassen wir uns damit, da das Ende unseres irdischen Daseins auch immer mit Abschied und Trauer verbunden ist. Allzu gerne schieben wir das Thema auf die lange Bank, blenden es aus, wollen nichts damit zu tun haben und werden doch immer wieder damit konfrontiert, wenn ein guter Freund, Bekannter, ein lieb gewonnener Mensch und Vorbild von uns geht. Steht man am Anfang seines Lebens, so vergehen die Tage wie Jahre, doch mit jedem Jahr werden die Tage gefühlt kürzer.

War man als Teenager noch schwer damit beschäftigt, die Termine für den nächsten Monat zu planen - es war schließlich noch soweit hin - sind nun Termine für die nächsten drei Jahre eingetragen. Die Drehzahl des Zeigers im Ziffernblatt dreht sich mit jedem Jahr schneller, unbewusst stellen wir den eigenen Alterungsprozess fest. Wir vergessen zunehmend, in immer schneller werdenden Zeiten auf das Kostbarste zu achten, was uns gegeben wurde - DIE ZEIT. 

Gerade an einem Tag wie heute sollte uns klar werden, wie wichtig jeder Augenblick ist. Die Medien trichtern uns ein, welch großartigen Erleichterungen das ein oder andere Gerät mit sich bringt, damit wir dadurch Zeit sparen. Prozesse werden optimiert, alles wird noch schneller, damit wir noch mehr Zeit haben um noch mehr zu machen. Ein immer schneller werdender Strudel, der erst ins Stocken gerät, wenn unser eigener Körper dem Tempo nicht mehr gewachsen ist. Dort angekommen erkennt man, dass das letzte Hemd keine Taschen hat und man trotz allen Bemühungen auch nur ein Mensch ist, ein Lebewesen, keine Maschine. Wir träumen von Reisen in ferne Länder, Dinge, die wir anstellen würden, wäre da doch nur mehr Zeit. Liegt man in der Horizontalen, haben nur noch deine Nachfahren etwas von deinen Träumen. Ein tolles Zitat, welches ich durch Zufall auf einem Weihnachtsmarkt entdeckt habe, erklärt das ganz gut:

Reise vor dem sterben, sonst reisen deine Erben!

Ja, die Zeit ist unfair. Zu oft stellt man sich die Frage, wieso der oder die so früh gehen musste und andere, die auf Grund ihrer Art und Weise ein früheres Ausscheiden aus dem Hier und Jetzt verdient hätten, bleiben können. Das Schicksal ist grausam. Dass wir überhaut leben, ist ein riesiger Zufall, der bislang in keiner anderen Galaxie nachgewiesen werden konnte. Im Großen und Ganzen sollte man das Leben aus Sicht eines Theaterstücks sehen: Es kommt nicht darauf an, wie lange, sondern wie gut gespielt wird! Welcher Fußabdruck bleibt, wenn man nicht mehr ist. Die Sanduhr läuft, eines Tages wird auch unser letztes Sandkorn durchrutschen, niemand kann heute sagen, wie viel Sand sich noch in der eigenen Uhr befindet. Der Ort, an dem die Bilanz unseres Tun‘s     und Lassen's auf der Erde gezogen wird, wird uns wohl verborgen bleiben. Fakt ist, dass die Zeit nicht rückwärts laufen wird. Somit sollte sich jeder bewusst sein, wie wertvoll jeder einzelne Moment des Lebens ist.

Schlusszitat aus "Momo" von Michael Ende

 „Es gibt ein großes und doch ganz alltägliches Geheimnis. Alle Menschen haben daran teil, jeder kennt es, aber die wenigsten denken je darüber nach. Die meisten Leute nehmen es einfach so hin und wundern sich kein bisschen darüber. Dieses Geheimnis ist die Zeit. Es gibt Kalender und Uhren, um sie zu messen, aber das will wenig besagen, denn jeder weiß, dass einem eine einzige Stunde wie eine Ewigkeit vorkommen kann, mitunter kann sie aber auch wie ein Augenblick vergehen – je nachdem, was man in dieser Stunde erlebt. Denn Zeit ist Leben. Und das Leben wohnt im Herzen.“