Arbeiten bei Seabourn – Als Kellner an Bord eines Luxuskreuzers

 

Wer noch die Illusion hat, dass Arbeiten auf einem Kreuzfahrtschiff Zuckerschlecken ist und evtl. eine wundervolle Erfahrung ist, sollte diesen Artikel nicht lesen!

 

Wie ich zu Seabourn kam: Über einen Bekannten bekam ich den Kontakt zu einer Jobagentur in Bremerhaven, die spezialisiert sind auf Jobs in der Kreuzfahrt. Mein Ansprechpartner dort schlug mir dann den Posten als Chef de Rang bei Seabourn vor und ich lies mich darauf ein. Das weitere Recruiting lief über Viking Recruiting, welches mit Viking Cruises allerdings nichts zu tun hat. Während der Bewerbungsphase durchläuft man zahlreiche Tests und ein Interview, muss einige Zertifikate liefern, das C1/D Visa der Amerikaner beantragen sowie all seine Dokumente wie z.B. den Reisepass auf den aktuellen Stand bringen. Nachdem man alles erfolgreich durchlaufen hat, meldet sich eine Kontaktperson von Seabourn und klärt die letzten Details mit einem, man bekommt das Flugticket und Details zur Unterkunft am Zielhafen per Mail und los geht’s.

Zugestiegen bin ich in Rom bzw. Civitavecchia, der Transit vom Hotel zum Schiff und auch der Check-In waren sehr gut organisiert. Man lernte bereits auf dem Weg Richtung Schiff die ersten Kollegen kennen, die zum Teil auch zum ersten Mal auf ein Kreuzfahrtschiff zur arbeit gingen. Bei Kaffee und Softdrinks füllten wir die nächsten Dokumente aus und gaben dort unsere Reisepässe ab. Ein speziell fürs Training von Mitarbeitern angestellter Manager koordiniert dann das weitere Vorgehen. Vom Bezug der Kabinen (Die bei der Ankunft noch nicht gereinigt waren und zum Teil von uns selbst gereinigt werden mussten) bis zur Einkleidung in Uniformen war alles wirklich gut strukturiert. Der erste Tag bestand dann noch aus diversen Belehrungen und dem Zusehen von der Ausfahrt aus dem Hafen. Echt gelungen der erste Eindruck!

Die ersten drei Wochen bestünden rein theoretisch aus dem sogenannten Seabourn-College. Der einzig große Unterschied zum normalen Dienst ist, dass man A) nur die Hälfte als alle anderen Kellner verdient und B) der Dienst pro Tag auf exakt 10 Stunden begrenzt ist. Freie Tage gibt’s während des gesamten Vertrages keine. Im Rahmen des Colleges lernt man viel über das Leben an Bord, Verhalten im Krisenfall auf See und allgemeine Gastronomiesachen, um alle Mitarbeiter auf das gleiche Level zu bekommen. Fachlich gut ausgebildetes Personal wie wir es in Deutschland, Österreich oder der Schweiz kennen gibt es hier nur wenige, jedoch sind die Arbeitsabläufe so geplant, das man auch als Ungelernter hier schnell Fußfassen kann – solange man stressresistent ist. Das fachliche Wissen und das Gelernte wird einmal wöchentlich und am Ende im Rahmen eines Final Exams abgefragt. Besteht man den finalen Test nicht, so darf man sofort die Heimreise antreten.

Im Servicebereich ist der Ablauf immer auf Zwei- oder Drei-Mann-Stationen aufgeteilt. Es gibt einen Frontman, einen Secondman und einen Runner -> als Neuer startet man immer als Runner und arbeitet sich dann Schritt für Schritt nach oben. Wie der Name schon sagt läuft man die meiste Zeit, je schneller man hierbei ist und seine Aufgaben ordentlich macht, desto größer ist die Chance einen anderen Posten zu bekommen. (Was natürlich nicht die Garantie ist! Ich sah im Laufe meines Vertrages so einige gute Kellner, die von Anfang bis Ende Runner blieben) Die Uniform wechselt im Tagesdienst mindestens zwei Mal, meist jedoch drei bis viermal. Das Silberbesteck wird am Ende jeder Mahlzeit poliert, was sich auf einige Stunden Besteckpolieren pro Tag summiert. Manche Besteckteile wie zum Beispiel Eislöffel oder Kaffeelöffel gibt es nur in sehr begrenzter Zahl, weshalb einige Frontmänner am Ende des Dienstes Silberbesteck verstecken oder in einer Tasche mit in ihre Kabine nehmen. Im Roomservice fehlt zwar dann dieses Besteck, aber das ist erstmal egal . . . man merkt relativ schnell das an Bord jeder sich selbst der Nächste ist. Die Arbeitszeiten sind meist drei Stunden Morgens, drei Stunden Mittags und fünf Stunden Abends. Zwischen den Diensten kann man je nach Hafen auch die Landschaft erkunden, Fotos schießen und das kostenlose W-Lan in Lokalen nutzen. Das W-Lan für Mitarbeiter an Bord kostet pro MB 0,07 EUR und ist von der Geschwindigkeit mehr als Langsam. Nach dem Dienst geht ein Großteil der Besatzung in die Crew-Bar, um den Alltagsstress zu vergessen. Da diese um 01:00 Uhr schließt, wird oft in Crew-Kabinen weiter getrunken. Gefühlt haben ca. 70 – 80 Prozent der Crew ein wirklich ernsthaftes Alkoholproblem. Da für die Gäste alles Inklusive ist, verschwinden sehr viele Getränke wie Wein, Champagner oder Hochprozentiges einfach in den Taschen der Mitarbeiter. Pro Cruise gibt es einmal eine Kabineninspektion, wo dann alle Flaschen verschwinden müssen – wer hier Lebensmittel oder Getränke vom Schiff im Spind hat bekommt eine Abmahnung. Wer alkoholisiert zum Dienst kommt oder während des Dienstes einen betrunkenen Eindruck macht, wird auf Alkohol getestet. Sollte der Alkoholwert zu hoch sein, so wird der Mitarbeiter direkt suspendiert. (Alleine in den letzten zwei Wochen wurden fünf Kollegen aus diesem Grund entlassen) Manche Mitarbeiter kommen allerdings gezielt betunken zum Dienst -> Wer von sich aus kündigt, zahlt seinen Heimflug selbst – wer jedoch gekündigt wird, dem wird der Heimflug bezahlt.

Die Gäste zahlen zwischen 500 und 1500 US Dollar pro Tag, dafür ist aber auch wirklich alles Inklusive. Champagner, Kaviar, Roomservice und eben auch, wie die meisten Gäste von Seabourn informiert werden, das Trinkgeld. Guter TIP ist hier eher nicht zu finden, dafür Gäste die bis zu 15 Mal an einem Abend Roomservice bestellen. Als Mitarbeiter muss man wirklich jeden Wunsch erfüllen, da eine Regel lautet: „Sag niemals Nie!“

Ab Anfang Oktober arbeitete ich dann als Secondman im Nachtdienst des Roomservices und erfüllte von 19:00 Uhr bis 07:00 Uhr die Wünsche der Gäste. Der größte Vorteil hierbei war, dass ich in jedem Hafen Zeit zum Rausgehen hatte – schlief aber dann nur noch zwischen ein bis vier Stunden. Roomservice besteht hauptsächlich darin, Tabletts aufs Zimmer zu Tragen, die bis unter die Decke beladen sind und wirklich nicht zur Gesundheit des Rückens beitragen. Das Tablett trägt man durch das halbe Schiff in die Gästesuiten, um dann den Tisch feinst säuberlich zu Decken. Als Lohn gibt es dann ein nettes Dankeschön und das wars aber meist auch schon. Die Arbeitszeit beträgt somit mindestens 320 Stunden pro Monat bei einer äußerst geringen Bezahlung. Da man allerdings Angestellter unter der Flagge der Bahamas ist, gibt es hier nicht viel Rechte.

Die Crew-Kabinen sind immer für zwei Personen. All meine Mitbewohner haben in der Kabine geraucht, was zu einem äußerst tollen Geruch meiner Kleidung führte. Glücklicherweise hatte mein letzter Mitbewohner einen Kabinenreiniger (meinst Hausmänner, die für ca.60 EUR im Monat auch Mitarbeiterkabinen reinigen) und ich musste mich nicht um die Sauberkeit im Bad kümmern.

Kurz nach meiner Ankunft an Bord beschloss ich mit einer Kollegin, zwei Wochen länger zu machen, um dann von Hongkong aus Richtung Australien zu fliegen. Wir gaben unseren Verlängerungsantrag zu selben Zeit ab, jedoch erhielt ich die Zusage erst vier Tage vor meinem eigentlichen Heimflug. Nach vielen Diskussionen war es dann auch möglich, zur geplanten Zeit von Bord zu gehen. Interessant und spannend war´s aber trotzdem. ;-)

 

Wer hier noch mehr erfahren möchte, kann gerne auch mit mir persönlich in Kontakt treten.

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